Die Winterruhe und die Überwinterung von Schlangen
Zuerst einmal möchte ich die Begriffe Winterruhe und Überwinterung Richtigstellen, man lernt ja bekanntlich nie aus.
Der Begriff Winterruhe ist homoiotherme (gleichwarmen) Tieren wie Säugetieren vorbehalten. Bei poikilotherme (wechselwarmen) Tiere zu denen auch Amphibien und Reptilien zählen, spricht man von einer Kältestarre oder Winterstarre, auch wenn die Tiere nicht wirklich alle starr sind.
Spricht man von einer Kälte- oder Winterstarre dann spricht man von einer Hibernation. Das Überwinterungsquartier wiederum nennt man Hibernaculum.
Wann die Tiere in die Hibernation gehen bestimmt die Kombination von innerer Uhr, exogener (äusserer) und endogener (innerer) Einleitung von Reizen. Äussere Umwelteinflüsse, auch Zeitgeber genannt, die das Verhalten von Reptilien beeinflussen sind Temperatur, Feuchtigkeit, Fotoperiode und Nahrungsbeschaffenheit. Tages- und Jahresrhytmus, Lichtlänge, Lichtintensität, Trocken- und Regenzeit sind alles Faktoren die beeinflussen. Endogene Reize werden in Abhängigkeit mit äusseren Reizen ausgelöst. Zugrunde liegen komplexe Wechselwirkungen, z. B. des Hormonhaushaltes und des Nervensystems sowie der Zirpel- und Schilddrüse und Stoffwechselvorgänge. (DRACO Nr. 55, Terrarientiere richtig überwintern)
Unser Vorgehen
Wie bei allem gibt es immer mehrere Wege um an ein Ziel zu gelangen. Nicht alle sind gleich sicher oder risikolos. Mit diesem Artikel möchte ich Euch meine Methode der Winterstarre und der soft- Winterstarre vorstellen. Ich gehöre eher zu den Menschen, die zu vorsichtig sind. Vielleicht auch deshalb habe ich bis heute noch nie ein Tier wegen einer Hibernation verloren oder krank gehabt.
Zuerst einmal sollte man sich Gedanken machen, wann man den überhaupt eine Schlange in die Hibernation begeben möchte. Die Vorbereitungen dafür beginnt schon zwei Monate davor.
Der Unterschied zwischen einer Winterstarre und einer soft- Winterstarre besteht lediglich darin, dass die Temperaturen bei einer Winterstarre viel tiefer sind. Ob man eine Winterstarre oder eine soft- Winterstarre machen möchte, bestimmt eigentlich die Herkunft und das Klima der Schlange, von wo sie ursprünglich herkommt. Also macht es keinen Sinn, eine tropische Schlange von Zentralafrika bei 8° C zu Überwintern, wenn sie in ihrem Heimatland im dortigen Winter nicht unter 18° C bekommt. Umgekehrt macht es natürlich auch keinen Sinn, zum Beispiel eine Kreutzotter, die in der Natur je nach Vorkommen bis zu 6 Monate bei ca. 6 bis 8° C Überwintert, nur eine Winterruhe bei 20° C zu geben. Beide Beispiele Schaden einer Schlange auf Dauer.
Auf Fragen wie: muss man einer Kornnatter eine Hibernation geben oder nicht, macht es Sinn oder nicht, möchte ich eigentlich gar nicht eingehen. Ich vertrete die Meinung, dass wer Schlangen oder sonstige Tiere hält, sie auch möglichst so halten soll, wie es in der Natur der Fall ist. Ich könnte hier viele Gründe aufzählen, wieso man eine Schlange so halten muss, wie sie in der Natur lebt. Meist hat die Natur auch ihre Gründe, wieso es so ist. Sei es um Spermien und Eizellen haltbar zu machen, Paarungen auszulösen, den Hormonhaushalt zu Unterstützen oder einfach auch nur für die Erholung und Ruhepause eines Tieres und dessen gesamten Organismus. Die Vitalität und Lebenserwartung erhöht sich um ein vielfaches. Zudem muss sich ein Halter auch etwas mehr mit dem Biotop und Haltungsansprüchen seiner Tiere auseinander setzten was wiederum sicher dem Tier nur zu gute kommt.
Gehen wir mal davon aus, dass wir eine Hibernation von Anfangs Januar bis ende Februar machen.
Anfangs Oktober Beginne ich die Beleuchtung, die zur Zeit noch 12 Stunden in Betrieb ist, um eine Stunde zu reduzieren, um sie Mitte Oktober nochmals um eine Stunde reduzieren zu können. Somit sind wir Anfangs November bei einer Tages-Beleuchtungsdauer von 10 Stunden, die wir bis Ende November auf 8 Stunden reduzieren. Damit wird die durchschnittliche Temperatur im Terrarium automatisch etwas kühler, da es am Tage nicht mehr so lange aufheizt.
Ende November wird ein letztes mal gefüttert, jedoch nicht mehr so grosse Portionen. Danach lasse ich die Schlangen ca. einen Monat hungern, damit sie auch wirklich den Magen und Darm leer haben, da es ansonsten zu Gasbildung und Fäulnisse im Magen und Darm kommen kann, wovon die Tiere sterben würden. Auf das zum Teil empfohlenen Baden, um die Verdauung und das Auskoten zu fördern verzichte ich. Es schadet sicher nicht, wenn man eine Woche vor der Winterruhe noch die Schlangen badet. Doch die meisten Schlangen bei mir haben grosse Wasserbecken die sie benutzen können, wenn sie möchten. Ansonsten gehe ich davon aus das sie es nicht gebrauchen, da in der Natur die Tiere auch niemand badet.
Achtung, sicher kann es auch Ausnahmen geben bei Schlangen, die eine extrem langsame Verdauung haben und die man dadurch auch länger als vier Wochen Hungern lassen muss, damit sie vollständig Ausgekotet haben.
In der Zwischenzeit bereite ich die Boxen für die Hibernation vor. Dafür nehme ich stabile und ausbruchssichere Boxen, die es bei uns im Baumarkt gibt. Mit einem Lötkolben werden die Luftlöcher an jeder Seite gemacht. An einer kurzen und langen Seite ganz oben und an den zwei restlichen Seiten ca. 10 cm vom Boden weg, damit das Substrat nicht gleich aus den Luftlöcher kann.
{tab=Winterruhe}
Für die Hibernation nehmen wir als Bodengrund Torfersatz und Hobelspäne, die wir zusammen Mischen bis es eine ca. 5 bis 6 cm dicke Bodenschicht gibt. Vorsicht, der Bodengrund, egal aus was er schlussendlich besteht, darf nicht zu feucht sein. Ich lasse den Bodengrund in der offenen Box bei Zimmertemperatur zuerst noch über eine Woche austrocknen. So werden die Boxen im Hobbyraum oder einem geeigneten Zimmer gestapelt und Angeschrieben.
Hier das innere einer Box. Torfersatz mit Hobelspäne gemischt, eine Korkrinde und eine Tonschale, die zur Hälfte mit Wasser gefüllt wird. Bei dieser Schlange handelt es sich um die chinesische Kobra, Naja atra.
{tab=Überwinterung}Für die Hibernation nehmen wir nur Zeitungen, mit denen wir eine dicke Lage am Boden machen. Auf einer Hälfte des Bodens streuen wir noch etwas Hobelspäne. Eine Tonschale als Wasserbehälter und ein Stück Kork als Unterschlupf dürfen nicht fehlen. Hier sehr Ihr die gestapelten Boxen im Keller, da hier die Temperaturen ideal tief sind. Alle Boxen sind zusätzlich noch mit einem Holzstück beim Verschluss gesichert.
Bei der Box für die Hibernation kommt noch ein Wasserbecken dazu, welches aus einer Tonschale besteht. Das Wassergefäss sollte schwer sein und nur bis zur Hälfte mit Wasser gefüllt. Einige Arten Graben gerne und da besteht die Gefahr bei leichten Wasserbecken, dass sie umgeworfen und ausgeleert werden, was wiederum schnell zu einer Erkältung und Lungenentzündung führen kann. Zuletzt legen wir noch ein grösseres Stück Korkrinde hinein, damit sich die Schlange darunter verkriechen kann, jedoch aber auch genügend Platz hat um darauf zu liegen. Fertig ist das Hibernaculum.
Hier einige Beispiele wie es in den Boxen aussehen kann. Von links nach rechts, Crotalus m. molossus, 2 mal Agkistrodon contortrix pictigaster, Pantherophis g. guttatus, 2 mal Crotalus r. ruber
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Bei der Box für die Hibernation kommt noch ein Wassergefäss dazu, welches aus einer Tonschale besteht. Das Wassergefäss sollte schwer sein und nur bis zur Hälfte mit Wasser gefüllt. Einige Arten Graben gerne und da besteht die Gefahr bei leichten Wasserbecken, dass sie umgeworfen und ausgeleert werden, was wiederum schnell zu einer Erkältung und Lungenentzündung führen kann. Zuletzt legen wir noch ein grösseres Stück Korkrinde hinein, damit sich die Schlange darunter verkriechen kann, jedoch aber auch genügend Platz hat um darauf zu liegen.
So, jetzt haben wir ende Dezember oder anfangs Januar und die Schlangen, die eine Hibernation brauchen werden einzeln in die Boxen verfrachtet. Jede Schlange bekommt eine eigene Box. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit bei einigen Arten, mehrere Tiere zusammen in einem Hibernaculum zu überwintern. Die Box wird angeschrieben mit dem korrekten Namen, das Datum, wo ich sie hineingetan habe und dem Datum, wo ich sie wieder herausnehmen möchte. So staple ich die Boxen noch einige Tage im Terrarienraum oder Wohnzimmer bei Zimmertemperatur. Nach dieser Woche kommen sie entweder in den Keller für die Hibernation oder in das dafür vorgesehene Zimmer mit der entsprechenden Temperatur. Wir haben für die soft- Hibernation ein Zimmer, wo wir 24 Stunden am Tag ca. 18 - 20° C haben. Plus/minus 2° C kann es schwanken. Im Keller haben wir im Winter zwischen 12- und 14° C Tag und Nacht. Ein bis zwei Thermometer mit einem Aussenfühler versehen und einer min/max. Funktion ermöglicht eine genaue Kontrolle der Temperatur. Der Aussenfühler geht in eine Box hinein und die Station misst die Raumtemperatur. Natürlich muss man geeignete Räumlichkeiten suchen oder machen, wo dann auch die Temperaturen herrschen, die man für seine Pfleglinge braucht. Unsere Elapiden, Pythons und einige Nattern brauchen eine Winterruhe bei 18- bis 20°, diverse Vipern, Crotaliden und Nattern eine Überwinterung bei 12- bis 14°C oder etwas kühler. Europäische Vipern zum Beispiel kann man ruhig noch bei kälteren Temperaturen Überwintern. Da eignet sich zum Beispiel ein dafür vorgesehener Kühlschrank oder Weinschrank
Wenn es zwischendurch mal Licht im Raum gibt spielt das den Schlangen keine Rolle. Durch die Luftlöcher kommt eh fast kein Licht durch. Das Zimmer mit den 20° haben wir Verdunkelt, in dem wir die Läden zu lassen.
Einmal die Woche kontrolliere ich die Boxen, vor allem, ob das Wasserbecken noch steht. Alle zwei Wochen wechsle ich das Wasser aus. Das reicht vorig aus, da bei kühleren Temperaturen das Wasser nicht so schnell schlecht wird.
Ende Februar oder Anfangs März werden die Tiere in den Boxen wieder in den Wohnbereich oder Terrarienraum geholt, um sie eine Woche bei Zimmertemperatur zu halten. Somit haben sie die Möglichkeit, sich wieder an die höheren Temperaturen zu gewöhnen und sie merken auch, dass es zumindest tagsüber wieder viel Wärmer wird. Die länge der Hibernation passe ich immer unserem Winter an.
Nach dieser Woche bekommen sie das erste mal nach langer Zeit wieder Futter. Nicht zu gross und nicht zu viel. Eine Maus oder Ratte reichen, der Magen sollte nicht gleich überstrapaziert werden. Nach dem Füttern dürfen sie wieder in ihre Terrarien zurück, die wir ja in der Zwischenzeit Neu Eingerichtet und geputzt haben. Auch bei den Kobras, die ja bekannt sind, dass sie zu Kannibalismus neigen, werden die Zuchtpaare oder Zuchtgruppen zusammen ins Terrarium getan. Bis heute hatte ich zum Glück noch nie einen Ausfall durch Kannibalismus nach der Hibernation.
Die Beleuchtungsdauer, die ja zurzeit bei 8 Stunden Tagesrhythmus ist, wird in den nächsten zwei Wochen auf 9 und bis April auf 10 Stunden hochgefahren. Die Beleuchtungsdauer von 11 und 12 Stunden werden bei uns erst im Juni, Juli und August erreicht.
In der ersten Zeit nach der Hibernation sollte man nicht zu gross Füttern. Lieber etwas öfter und dafür kleinere Portionen. Wenn alles gut ging kann man auch schon bald die ersten Paarungen beobachten und sich freuen.
Viel Erfolg wünscht Euch
Roger Aeberhard